Sonntag, 26. August 2007
Wenn der Windows Movie Maker Ärger macht ...
Viele Anwender berichten in Newsgroups und Foren über Probleme mit dem Windows Movie Maker. Das "Miststück" versagt beim Import, weigert sich, die Clips im Vorschaubereich oder im Storyboard anzuzeigen, bringt Streifen oder grüne Flächen bei der Wiedergabe und stürzt auch noch beim Export sang und klanglos ab.

Wer dann in diversen Foren recherchiert, stößt, je nach Gusto der dortigen Teilnehmer auf Aussagen der Art "vergiss den Microsoft Schrott und greif gleich zu einem anständigen Schnittprogramm". Hört sich zwar kernig an, liegt aber im Informationsgehalt noch unter "Stammtisch Niveau" und ist vom Inhaltlichen her meist wenig fundiert.

Ironie der Geschichte: Wer der "guten Empfehlung" folgt und sich ein solche "Teil" auf seinen Rechner zerrt, kommt mitunter vom "Regen in die Traufe" und erlebt ggf. ähnlichen Ärger. Recherchiert man dann in Newsgroups, die sich mit Produkt A befassen, stößt man dann auf Ausagen der Art "vergiss den xyz-Schrott und greif gleich zum Schnittprogramm abc, das tut es". Kommt einem dann irgendwie bekannt vor ...

... Geschichte wiederholt sich!

Angesichts der zahlreichen Probleme, die Anwender mit den Multimedia-Funktionen von Windows Vista haben, habe ich mich zu diesem Blog-Beitrag entschlossen. Getragen wird der Ansatz von der Hoffnung, einige Irrtümer zurechtzurücken, einige Inside-Infos, warum bestimmte Dinge so sind, zu geben und schlussendlich ggf. dem Einen oder Anderen Hilfestellung zu geben, wie sich Probleme bereinigen oder gleich vermeiden lassen.

Irrtum Nummer 1: Nimm den Movie Maker 2.6

Der mit Windows Vista ausgelieferte Windows Movie Maker 6.0 verweigert seinen Dienst auf manchen Systemen. Statt des erhofften Programmfensters erhält der Nutzer den Hinweis, dass die Grafikkarte nicht leistungsfäig genug für das Programm sei. Dies trifft vor allem Besitzer von Notebooks.

Unter Windows Movie Maker 2.6 lässt sich die für Vista revidierte Fassung kostenlos herunterladen. Diese Fassung läuft auf allen Vista-Systemen (und kann sogar neben dem Movie Maker 6.0 betrieben werden). Seit Microsoft dieses Programm frei gegeben hat, fegt ein "gewaltiges Rauschen durch den Blätterwald" und kaum ein Forum, wo der Windows Movie Maker 2.6 nicht als "der ultimative Tipp" gehandelt wird.

Aber was ist nun dran, am Windows Movie Maker 2.6? Löst es meine Probleme mit dem Windows Movie Maker 6.0? Und wann sollte ich das Tool einsetzen?

Um es vorweg zu nehmen: Der Windows Movie Maker 2.6, den Microsoft für Vista freigegeben hat, korrigiert nur ein einziges Problem! Es läuft auf allen Vista-Systemen, deren Grafikkarte kein Shader-Modell 2.0 unterstützt (oder landläufig gesprochen, deren Vista auf Grund der Grafikkarte kein Aero kann). Ob dies bei Ihnen zutrifft, lässt sich aber schnell testen: Rufen Sie den Windows Vista Movie Maker 6 auf. Meldet sich ein Dialogfeld, dass der Windows Movie Maker wegen zu geringer Leistungsfähigkeit der Grafikkarte nicht ausgeführt werden kann, müssen Sie den Windows Movie Maker 2.6 verwenden.

Bringt der Windows Movie Maker 2.6 Vorteile? Oder hat er Nachteile? Oder korrigiert er vielleicht doch Fehler?

Diese Fragen bewegen sicherlich den von Abstürzen des Windows Movie Maker 6 genervten Anwender. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt!

Nachdem ich mich (im Rahmen eines Multimedia-Buchprojekts zu Vista) mit beiden Programmversionen einige Tage intensiver befasst habe, lassen sich folgende Schlussfolgerungen treffen.
  • Der Windows Movie Maker 2.6 korrigiert keine Fehler im Grafikkartentreiber, die ggf. zu grünen Anzeigen im Videobereich oder Streifen führen (warum sollte er dies auch tun können?).
  • Der Windows Movie Maker 2.6 korrigiert auch *keine* Fehler, die durch DirectShow-Filter-Decoder oder -Encoder beim Import, bei der Anzeige im Inhaltsbereich, im Storyboard, in der Zeitachse, im Vorschaumonitor und beim Export verursacht werden.
  • Der Windows Movie Maker 2.6 basiert meiner Einschätzung nach auf der Codebasis des Windows Movie Maker 2.1 für Windows XP. Die Entwickler haben aber die Betriebssystemversionsabfrage aus dem Teil so modifiziert, dass eine Installation unter Vista möglich ist.
  • Keine Vermutung sondern Ergebnis meiner Analysen ist die Feststellung: Im Windows Movie Maker 2.6 wurde die Funktion zum Import von analogem Videomaterial über WDM-Treiber entfernt oder zumindest deaktiviert.
  • Die Schnittstelle zum Importassistenten, der digitale Videokameras ansprechen und Videomaterial in ein Projekt importieren kann, wurde erst gar nicht implementiert.
  • Die angebotenen Effekte und Übergänge werden komplett im Programms implementiert und nutzen keine Funktionen des Grafikprozessors (GPU).
Wenn Sie als Nutzer auf die Importfunktionen verzichten können, stehen Ihnen zumindest die rudimentären Schnittfunktionen zur Verfügung. Wer mit Systemen arbeitet, auf denen sowohl die Version 2.6 als auch die Version 6.0 des Windows Movie Maker installiert ist, sollte allerdings beachten, dass die im Windows Movie Maker 2.6 gebotenen Effekte und Übergänge anders implementiert sind (und z.B. beim Drehen anders wirken) als beim Windows Movie Maker 6.0. Wenn Sie Fotos oder Videos importieren, die im Hochformat aufgenommen wurden, müssen Sie beim Windows Movie Maker 2.6 diese um 90 Grad drehen, während der Shader des Windows Movie Maker 6.0 eine Drehung von 270 Grad verlangt.

Wo liegt denn der Unterschied beim Windows Movie Maker 6.0 bei diesen Effekten und Übergängen?

Beim Windows Movie Maker 6.0 haben die Microsoft-Entwickler endlich einen Blick in die "Küche" der Spieleentwickler geworfen, die aufwändigere Grafikeffekte einfach dem Grafikprozessor (GPU) überlassen. Dort kommen so genannte Pixel- und Vertex-Shader zum Einsatz, um 3D-Körper und deren Oberflächen oder Effekte zu berechnen (siehe z. B. das Kapitel "Spieleprogrammierung mit XNA" in meinem Titel Visual C# 2005 Programmierhandbuch).

Beim Windows Movie Maker 6.0 werden alle Effekte und Übergänge als Pixel-Shader bereitgestellt, die durch die GPU der Grafikkarte auszuführen sind. Dies ist nicht nur schneller, als die softwaremäßige Emulation der Version 2.6, sondern ermöglicht "Insidern" auch, sich eigene Effekte durch selbst entwickelte Shader zu schaffen.

Fazit: Um zum Kernpunkt zurückzukommen. Der Wechsel zur Version 2.6 des Windows Movie Maker würde nur dann Abhilfe schaffen, wenn in der Schnittstelle des Windows Movie Maker 6.0 zum Aufruf der Shader oder in den Shader-Implementierungen von Microsoft noch Fehler wären. Beides ist mir bisher nicht bekannt. Sinn macht der WMM 2.6-Einsatz nur, wenn die Version 6.0 wegen der Grafikkartenfähigkeiten nicht läuft!

Irrtum Nummer 2: Mit dem verbuggten Windows Movie Maker 6.0 kann man nicht arbeiten ...

Für Anwender, die ständig mit Abstürzen des mit Windows Vista ausgelieferten Windows Movie Maker 6.0 kämpfen, liegt der Schluss nahe, dass das Programm einfach so fehlerhaft sei, dass ein vernünftigies Arbeiten nicht möglich sei.

Auch diese Annahme möchte ich korrigieren. Ich gestehe, ich lese die Forenbeiträge über Anwender, die keine Diashow exportieren können, weil der Windows Movie Maker 6.0 abstürzt oder hängen bleibt. Andere Effekte sind teilweise grüne Flächen im unteren Teil eines Videos, Streifen, schwarze Bereiche und mehr. Und mir ist auch bekannt, dass es Anwender gibt, bei denen das Programm bereits beim Import eines läppischen Videos das Handtuch wirft oder bei denen die Vorschau nicht klappt. Und ich gestehe auch - ich war nahe dran, die "Mär vom verbuggten Windows Movie Maker" zu glauben.

Alleine, ich habe in den letzten Tagen so einige Diashows und Videoprojekte erstellt, getestet und exportiert. Der Windows Movie Maker 6.0 verrichtete klaglos seinen Dienst! Ups, was ist denn das? Ist da doch was an den "heilenden Händeen" dran? An dieser Stelle mit Sicherheit nicht - auch wenn böse Zungen hinter meinem Rücken gelegentlich so was behaupten.

Ich habe etwas nachgedacht, recherchiert und getestet. Die Ursachen möchte ich nachfolgend kurz beleuchten.

Projekt-Limit, kann Ärger bringen

Es gibt ein Fehlerbild, welches auf ein Problem im Windows Movie Maker 6.0 hindeuten kann. Der Effekt tritt auf, wenn Anwender viele Clips importieren, im Storyboard einfügen, viele Effekte und Übergänge verwenden und das Ganze in einer Projektdatei speichern. Diese Projektdatei enthält nicht das Material an sich sondern speichert die Schnittmarken, Clipanordnungen etc. Hier habe ich bei Recherchen eine Information gefunden, dass der Windows Movie Maker 6.0 eine Begrenzung in der Zahl der Elemente aufweist, die in einem Projekt sicher abgelegt und wieder importiert werden können. Leider kenne ich diese Grenze nicht (und auch die Microsoft-Mitarbeiter scheinen da keine eindeutigen Zahlen zu haben). Dieser Fehler lässt sich aber schnell ausbügeln bzw. verifizieren. Sie müssen nur das Problem-Projekt im Windows Movie Maker 6.0 laden und einfach einen Teil der Übergänge, Effekte und Clips löschen. Anschließend speichern Sie das Projekt und testen, ob die Fehler beim erneuten Laden verschwunden sind. Trifft dies zu, wissen Sie waran es liegt. Trifft die Annahme nicht zu, haben Sie ein anderes Problem.

Nachtrag: Die Microsoft-Supportseite führt aus, dass im Windows Movie Maker unter Vista nur bis zu 15 Videoclips mit Übergängen kombiniert werden können. Bei mehr Clips kann es zu Berechnungsfehlern kommen, wenn Übergänge vorhanden sind, so dass die Clips nicht mehr im Vorschaubereich angezeigt werden. Auf dieser Microsoft-Supportseite wird ein Hotfix für dieses Problem angeboten. Abstürze, die bei Verwendung von Übergängen durch den DivX-Filter verursacht werden, sind in diesem Microsoft-Supportartikel adressiert. Zum sauberen Export von Videomaterial muss in Windows Vista zudem 1 GByte an freiem Speicherplatz auf dem Systemlaufwerk vorhanden sein.


Des Pudels-Kern: Katzenjammer nach der Codec-Sause?

Der Grund für die "vielen" Abstürze des Windows Movie Maker wird an anderer Stelle, vom Anwender verursacht! Da im Multimedia-Bereich eine babylonische Sprachverwirrung hinsichtlich der benutzten Formate herrscht, steht der Nutzer vor einem Problem. Windows Vista bzw. dessen Anwendungen Windows Media Player, Windows Movie Maker und Windows DVD Maker unterstützen nur einige Formate (WAV, MP3, MID, WMA, WMV, AVI, MPEG-2, DRV-MS). Bereits bei DivX-kodierten Videos, die als AVI-Dateien daherkommen, gibt es kein Bild. Bei .3GP-Videos von Handies, MOV-Videos von diversen Sony Digitalkameras, YouTube-Videos im FLV-Format etc. schaut der Anwender in die Röhre...

... nur gut, dass es die vielen Foren und Tipp-Seiten gibt, auf denen man viele "gute", und vor allem kostenlose, Tipps erhält - natürlich ungeprüft. Und einer der Tipps ist mit Sicherheit "Wat, dat Dingens Video läuft nicht bei Dir? Da fehlt ein Codec. Lade Dir Codec-Pack xyz oder Codec-Pack runter. Funzt bei mir astrein". Und weil das alles schließlich kostenlos ist und die Lösung der Sorgen verspricht, werden gleich mehrere dieser Codec-Pack installiert. Mit viel Glück kommt mancher Anwender noch auf die Idee, mal so ein Codec-Pack auch wieder zu deinstallieren - weil es z. B. nichts gebracht hat. Aber meist folgt (wie nach einer Party mit zu vielen verschiedenen Getränken) der Katzenjammer. Das ursprüngliche Problem ist nicht gelöst, der Film lässt sich nicht sehen. Oder, der Film läuft zwar, aber es knallt jetzt an allen möglichen Ecken - u. a. im Windows Movie Maker.

Erste Codec-Pack-freie Zone Deutschlands?

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Grundsätzlich ist die Idee der "Codec-Packs" eigentlich eine gute Idee. Und ich gestehe, so was habe ich vor Jahren auch schon mal bei diversen Buchprojekten probiert - war aber schnell geheilt, da ich danach regelmäßig zu einem frisch installierten Windows kam.

Letzte Erfahrungen: XviD-Codec-Pack; kaum auf dem Testsystem installiert, hatte ich die von manchen Anwendern beklagten Abstürze des Windows Explorers, sobald Miniaturansichten von Videoordnern mit DivX-Material aufgerufen wurden. DivX 6.6-Pack installiert: Die AVI-Videos ließen sich zwar im Windows Movie Maker ansehen, aber das Bild stand Kopf (auch ein häufiger beobachteter Effekt). Im DivX-Player lief das Video korrekt ab. Ich hab dann alles aus dem DivX-Pack (bis auf den DivX-Decoder) deinstalliert - und endlich liefen auch DivX-encodierte Videos im Windows Media Player mit korrektem Bild zum Ton. Zwischenzeitlich verwende ich den VLC Media Player, um DivX-encodierte Videos ohne zusätzlich installierte Filter ansehen zu können. Oder Nero 7.9.x, kaum installiert, hatten meine MPEG-2-Videos plötzlich einen netten violetten Farbstich. Nero deinstalliert, schon war der Farbstich weg. Es lag wohl am Nero MPEG-2-Decoder, der mit dem Vista Farbmanagement nicht klar kam. Bei der neuesten Version Nero 7.10 ist mir der Fehler nicht mehr aufgefallen. Diese unendliche Geschichte ließe sich hier seitenlang fortsetzen.

Willkommen in der "Codec-Hölle"

Wo liegt der Haken? Nun, bei den "Codec-Packs" handelt es sich um eine Zusammenstellung diverser Programmmodule, die die zur Wiedergabe von Audio- und Videodaten benötigten Decoder enthalten. Der Schöpfer dieser Codec-Packs hat es dann in der Hand, wie gut das Produkt wird. Leider liegt hier der "Hase im Pfeffer" bzw. "der Hund begraben". Da werden kostenpflichtige Encoder (braucht man zum Speichern der Audio- oder Videodaten) bzw. Decoder (braucht man zur Wiedergabe) als Demofassungen oder als illegale Hacks eingebaut. In beiden Fällen hat der Nutzer ein Problem. Entweder läuft die Demo nach kurzer Zeit aus und zeigt Logos etc., oder der Hack fliegt auf und das Codec-Pack verschwindet wieder. Noch heikler wird es, wenn man weiß, dass die integrierten Softwaremodule nicht für Vista implementiert wurden oder sich gegenseitig behindern bzw. Kompatiblitätsprobleme aufweisen.

Und ein anderer Haken lauert gleich um die Ecke: Werden mehrere Codec-Packs installiert, kommen sich die "Codecs" gegenseitig ins Gehege und blockieren ggf. das System.

An dieser Stelle vielleicht noch ein paar Inside-Informationen, was da schief läuft und warum der Begriff "Codec" eigentlich nicht mehr so stimmt. Windows Vista stellt mit DirectShow und dem Media Foundation Framework Funktionen bereit, über die Anwendungen sehr einfach Audio- und Videodaten lesen, verarbeiten und anzeigen können. Der größte Teil der Schnittprogramme, Media Player, DVD-Authoring-Anwendungen etc. greift auf diese DirectShow-Funktionen zu. In der DirectShow-Bibliothek übernehmen nun so genannte Filter die Aufbereitung der Audio- und Videdaten. Da gibt es Filter, die diese Daten aus Dateien oder von einem BDA-Treiber der TV-Karte lesen. Andere Filter splitten die Audio- und Videdaten in separate Ströme auf, oder Filter sorgen für die Anzeige der Datenströme über DirectShow (Video) bzw. DirectSound (Audio) oder speichern die Daten in Dateien. Wird nun ein Codec-Pack oder irgend eine Anwendung installiert, registriert diese i. d. R. eigene Filtermodule als DirectShow-Module. Auf diese Weise kommen Encoder (werden zum Schreiben der Daten im kodierter Form gebraucht) oder Decoder (werden zum Entschlüsseln der Daten gebracht) in das System.

Aus diesem Grund stimmt die Bezeichnung "Codec" so nicht mehr (der Begriff war nur in Win 9.x korrekt, da dort Codecs benutzt wurden) - es sind letztendlich DirectShow-Filter. Die korrekte Bezeichnung wäre eigentlich DirectShow-Filter oder MPEG-2-Decoder etc. Microsoft spricht teilweise von Audio- und Videofiltern, was auch den Kern der Sache trifft.

Aber gehen wir weiter in der Analyse: Ein so genannter Filtergraph beschreibt nun eine Kette an DirectShow-Filtern, die die Audio- und Videdaten von der Quelle bis zur Datensenke bearbeiten. Die Ausgangsdaten eines Filters können dabei als Eingangsdaten des nächsten Filters dienen. Eine Beschreibung, was einzelne Filter machen, findet sich unter DirectShow Filters und ein schöner Übersichtsartikel von Burkhard Müller lässt sich hier Erklärt: So funktionieren DirectShow-Filter nachlesen.

Fordert nun eine Anwendung solche DirectShow-Filterfunktionen an, benutzt das DirectShow-System in der Regel die Filter, die die höchste Priorität (als Merit-Wert bezeichnet) besitzen. So schön so schlecht ...

... denn nun kommt der Pferdefuß: Ist irgend einer der DirectShow-Filter nicht mit Windows Vista kompatibel oder hat er ein Problem, bricht die gesamte Filterkette zusammen. Die Anwendung (z. B. der Windows Movie Maker) wartet dann auf die Daten, bis sie "schwarz" wird - oder stürzt gleich mit ab, wenn der Filter im gleichen Adressraum geladen wird und abstürzt. In günstigeren Fällen liefert der Filter die Audio- oder Videodaten nicht korrekt - grüne Streifen, Micky-Maus-Ton oder ruckelnde Wiedergabe sind die Folgen. Nur unter optimalen Bedingungen kommen Bild und Ton korrekt an.

Praktische Auswirkungen auf den Windows Movie Maker: Das Programm muss beim Import und auch beim Export natürlich auf die Decoder bzw. Encoder des DirectShow-Systems zugreifen. Solange die von Microsoft bereitgestellten Filter dort werkeln und zum
Einsatz gelangen, läuft der Windows Movie Maker. Hängen dort Filter von Drittherstellern, die z. B. einen DivX-Decoder für Videodaten anbieten, und importiert der Anwender ein entsprechendes AVI-Video, und hat der Filter einen Fehler, ist der Absturz bzw. die Fehlfunktion bereits vorprogrammiert. Das Gleiche gilt natürlich auch, wenn der Film veröffentlicht werden soll und die vom Movie Maker angeforderten Encoder-Filter nicht von Microsoft stammen sondern durch irgend eine Anwendung bereitgestellt wurde. Dann schlummert der Microsoft-Encoder, der es eigentlich tut, tief in den DirectShow-Eingeweiden, während der DirectShow-Encoder eines Drittanbieters beim Anwender Krawall macht.

Aber es kommt noch schlimmer. Auch zur Anzeige der Vorschaubildchen im Inhaltsbereich, im Storyboard, in der Zeitachse oder im Vorschaumonitor sowie zur Soundwiedergabe werden DirectShow-Filter gebraucht. Und bereitet dort ein Fremdfilter Ärger, klappt die betreffende Funktion im Windows Movie Maker nicht mehr.

Also "nichts mit heilenden Händen", sondern eine sehr logische Kette an Schlussfolgerungen, die zum Kern führt.

Aber warum tut es dann die Anwendung XYZ?

Vielleicht ärgern Sie sich beim Lesen dieses Blog-Beitrags über meine tendentiell etwas abfälligen Äußerungen bezüglich der Codec-Packs? Nun, im Kern stehe ich zu der beschriebenen Problematik und bin sehr vorsichtig in der Anwendung solcher Pakete. Dies soll aber nicht heißen, dass nicht einzelne Entwickler hervorragende Filter für DirectShow schreiben können.

Als Anwender wird Ihnen dies herzlich egal sein. Sie bewegt vielleicht die Frage nach den Konsequenzen. Und vor allem, warum tut es denn das Programm XYZ, mit dem man Videos schneiden kann, ohne ständige Abstürze zu haben?

Nun, das "Funktionieren" reduziert sich gelegentlich darauf, dass das nur solange klappt, wie nur dieses Brenn-, Schnitt- oder Authoring-Programm auf dem Rechner werkelt (da gilt die Devise "Ich dulde keine fremden Götter neben mir"). Wird eine andere Anwendung der gleichen Kategorie installiert, gibt es plötzlich Kollateralschäden. Die Entwickler der Pakete kennen das oben beschriebene Problem der DirektShow-Filter und deren Priorisierung natürlich (oder sollten sie kennen). Dann gibt es zwei Lösungsvarianten:
  • Der Entwickler stellt einen Mechanismus bereit, dass die Anwendung nur die eigenen DirectShow-Filter benutzt, egal was sonst im DirectShow-System noch passiert. Dies ist die "filgrane" Lösung, die mir sehr gut gefällt.
  • Manche Entwickler bevorzugen aber die Holzhammer-Methode (auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil) und registrieren ihre DirectShow-Filter so, dass diese sich quasi an allen Stellen "vordrängeln" und von jeder Anwendung zwangsweise genutzt werden. Dann funktioniert die eigene Anwendung des Herstellers XYZ natürlich super. Beim Anwender kracht es aber an allen möglichen Ecken, sobald er andere Programme verwendet.
Um diese Effekte zu erleben, muss man nicht unbedingt zu Codec-Packs von russischen Hackerseiten greifen. Ein beherzter Doppelklick auf die Setup-Routine des beliebten Brennpakets Nero, die Installation der Ulead Videoschnittlösungen, das Nutzen mancher Fotobearbeitungsprogramme etc. können schon reichen, um das DirectShow-System kräftig aufzumischen.

Hausputz am System ist angesagt

Wenn es also mit dem Windows Movie Maker nicht klappen will, sollten Sie als erstes versuchen, das System zu bereinigen (Startmenü, Befehl Systemsteuerung, Hyperlink Programme desinstallieren). Deinstallieren Sie als erstes alles an Codec-Packs, was dort zu finden ist. Werfen Sie ggf. auch die alternativen Grafik-, Video- und Audiobearbeitungsprogramme sowie Brennsoftware mit Videofunktionen raus.

Leider ist so manche Software recht garstig und belässt ihre DirectShow-Filter auf dem System. Oder Sie möchten weiter mit dem Paket arbeiten. Für Nero möchte ich auf die Seite von Thomas Beyer verweisen, der mit dem NeroClean eine Lösung geschaffen hat, um dieses Programm zu zähmen.

Anmerkung: Leider ist die Website silent-dreams.devon Thomas Beyer zwischenzeitlich verschwunden. Interessierte Leser können aber über die folgenden Links auf die ursprünglichen Inhalte zugreifen.

[1] Gesamtarchiv
[2] DirectShow-Filtermanagement unter Windows
[3] Artikel zu NeroClean-Tool


Wenn der Windows Movie Maker 6.0 nicht starten will

Haben Sie das Problem, dass der Windows Movie Maker bereits beim Start abstürzt? Auch da schlägt die "Codec-Hölle" zu und bringt die Anwendung beim Import zum "Stolpern". Ursache kann ein total ruiniertes System sein. Es kann aber auch sein, dass die Option zum automatischen Laden eines Projekts im Windows Movie Maker eingeschaltet ist und ein kaputter DirectShow-Filter zum Absturz führt. Auf den Microsoft Knowledge-Base-Seiten gibt es einen Artikel, der diesen Effekt beschreibt.

Allerdings brauchen Sie die dort gegebenene Handlungskette nicht zu nutzen. Öffnen Sie einfach das Startmenü und tippen Sie den Befehl moviemk.exe /safemode ein. Der Windows Movie Maker sollte dann starten und Sie können wie nachfolgend beschrieben vorgehen, um die Filter rauszuwerfen.

Reparaturversuch: FilterOperation mit dem Skalpell

Startet der Windows Movie Maker noch, es gibt aber Probleme, sollten Sie versuchen, die Programmoptionen etwas anzupassen.
  1. Wählen Sie im Windows Movie Maker im Menü Extras den Befehl Optionen.
  2. Gehen Sie als erstes zur Registerkarte Allgemein und stellen Sie sicher, dass das Kontrollkästchen Letztes Projekt beim Starten öffnen nicht markiert ist (dies verhindert zumindest den Autoload samt vorprogrammierten Absturz).
  3. Bei dieser Gelegenheit können Sie auch die Einstellung Autowiederherstellen-Info speichern alle etwas herabsetzen, um die Sicherung häufiger auszuführen. Das löst zwar keine Ursachen für Probleme, verhindert aber, dass die Arbeit von Stunden verloren geht.
  4. Wechseln Sie nun zur Registerkarte Kompatiblität und deaktivieren Sie die angezeigten DirectShow-Filter, die nicht benutzt werden sollen, über die Kontrollkästchen.
Wenn Sie die Registerkarte über die OK-Schaltfläche schließen, werden die Optionen wirksam. Mit etwas Glück sind dann die Abstürze weg. Falls nicht, ist leider etwas in den Tiefen des DirectShow-Systems kaputt gegangen. Das bedeutet, das System zu reparieren (was aber den Ansatz dieses, doch reichlich länglich gewordenen Blog-Beitrags sprengt) oder Windows neu aufzusetzen.

Anmerkungen: Im oben verlinkten Beitrag der Microsoft Knowledge-Base gibt es übrigens noch eine Diskrepanz in Schritt 7, wo davon die Rede ist, die Kontrollkästchen zu deaktivieren. Laut Beschriftung des Dialogfelds müssen Filter durch Markieren der Kontrollkästchen deaktiviert werden. Mir ist momentan unklar, ob es einen Übersetzungsfehler im Dialogfeld oder ein Fehler im Knowledge-Base-Artikel gibt. Notfalls mal mit aktivieren und dann mit deaktivieren der Markierungen der Kontrollkästchen testen - hatte das Problem mit den Abstürzen selbst noch nicht.

Allerdings gibt es Rückmeldungen von Anwendern, dass das Deaktivieren von Filtern über das Dialogfeld keine Abhilfe bringt - es kommt nach wie vor zu Abstürzen. Hier scheint mir nur eine Systembereinigung (sprich: restloses Entfernen der installierten DirectShow-Filter von Drittherstellern) oder das Neuaufsetzen des Systems eine Lösung zu sein.

Überlegungen zur Entschärfung der Problematik

Beim Import von Audio- und Videomaterial stehen Sie natürlich immer vor dem Problem, welche Filter Sie zulassen. Um mich vor solchen Problemen zu schützen, verzichte ich konsequent auf die Installation von Codec-Packs und gehe auch sehr restriktiv mit Fremdsoftware, die eigene DS-Filter installiert, um.

Um das Problem der fehlenden Codecs bei der Wiedergabe zu umgehen, gibt es eine elegante Lösung: Man kann zur Wiedergabe auf alternative Player wie den VLC Media Player ausweichen. Der VLC Media Player installiert die benötigten Filter nur für den internen Gebrauch, es gibt also keine Kollateralschäden mit dem Direct Show-Filtersystem.

Müssen Sie die Videoformate zum Schneiden importieren? Theoretisch besteht natürlich auch die Möglichkeit, die betreffenden Filterpakete in Windows zu registrieren, um auch im Windows Movie Maker (bzw. DVD-Maker) DivX- oder MOV-Videos importieren zu können. Dann sollten Sie aber vorher einen Wiederherstellungspunkt setzen und danach testen, testen und nochmals testen. Mit dem Paket ffdshow scheint es (nach Aussagen einiger Anwender) wohl ganz gute Erfahrungen zu geben. Allerdings besteht das Problem, dass der ursprüngliche Autor die Entwicklung eingestellt hat und zwischenzeitlich verschiedene Projekte entstanden sind, die die Arbeit fortführen. Ich kann mich erinnern, eines dieser Pakete beim Schreiben des Vista-Multimedia-Titels recht erfolgreich eingesetzt zu haben. Da ich das System aber nach den Tests sicherheitshalber neu aufgesetzt habe, ist die seinerzeit verwendete Version leider nicht dokumentiert (ich selbst verwende ffdshow eigentlich nicht).

Der andere Ansatz besteht darin, ein Konverterpaket zu verwenden, um die Audio-/Videodateien in ein vom Windows Movie Maker unterstütztes Importformat zu konvertieren. Allerdings gibt es hier in meinen Augen auch wieder einige Pferdefüße. Beim Media Coder musste ich feststellen, dass das Programm gleich wieder auf die DirectShow-Filter zugreift und das Handtuch wirft, wenn die Decoder nicht vorhanden sind. Dann gibt es noch eine Freeware mit dem Namen Super (c), welches sogar von populären Computerzeitschriften zum Download angeboten wird. Beim Besuch der Download-Seite dieses Herstellers hat mir spontan missfallen, das dort JavaScript eingeschaltet und Referrer zugelassen sein müssen. Warum wohl? Vielleicht leide ich ja bereits an Paranoia, aber wenn ich an Bundestrojaner & Co. denke, ist so etwas das ideale Einfallstor für so was. Als ich dann noch etwas recherchierte und Begriffe wie "Super converter Malware" in einer Suchmaschine eingab, kamen doch einige bedenkliche Treffer. Auch wenn ich zwischenzeitlich in Foren eine Entwarnung bezüglich der Trojaner-Warnung durch Avira-Virenscanner lesen konnte - ein schlechtes Gefühl bleibt - über Referrer kann ich schließlich genau steuern, welche Besucher welche Version des Download-Pakets erhalten. Zudem löst Super nicht das Grundsatzproblem: Das Paket greift auf diverse Filterpakete zurück, die ihrerseits aber u.U. für die Movie Maker-Probleme verantwortlich sind. Also ein "Teufelskreis".

Gewaltkur mit "Tabula-rasa"

Am Ende der Geschicht, heißt ganz klar: "Traue niemals einem Codec-Pack nicht". Wer seine Probleme nicht in den Griff bekommt und wirklich sicher sein will, dass der Windows Movie Maker funktioniert, sollte sein Windows Vista neu installieren und dann alle die netten Programme, die eigene Filterpakete installieren, vorsorglich weglassen. Auf meinen Testsystemen wirkte die Neuinstallation von Windows Vista wirklich Wunder. Aber das will ja leider kein Anwender wirklich hören ....

... trotzdem hoffe ich, mit diesem Blog-Beitrag bei dem Einen oder Anderen vielleicht etwas Hilfestellung gegeben oder zum Nachdenken angeregt zu haben.

Nachtrag: Mögliche Lösung des "nicht implementiert"-Fehlers

Falls beim erneuten Laden eines im Movie Maker gespeicherten Projekts die Fehlermeldung "... nicht implementiert" erscheint und sich das Projekt nicht öffnen lässt, hilft ggf. folgender Trick.
  1. Zuerst den Fehlerdialog schließen und anschließend (über das Menü Dateiein neues Projekt anlegen
  2. Dann in das Projekt ein beliebiges, aber fehlerfreies (d.h. nicht im alten Projekt enthaltenes) Medium (z. B. Foto oder Audiodatei) einfügen.
  3. Im Projekt das eingefügte Medium kurz in der Vorschau anzeigen lassen und danach die Stop-Schaltfläche anklicken.
  4. Nun ist im Menü Datei der Befehl Projekt öffnen zu wählen.
  5. Das Dialogfeld mit der Nachfrage, ob das aktuelle Projekt zu speichern ist, wird über die Nein-Schaltfläche verlassen.
  6. Anschließend ist das "defekte" Projekt auszuwählen und zu laden.
Mit diesen Schritten wird das alte Projekt in das neue Projekt eingefügt und dessen Elemente sollten dann im Projektbereich in der Zeitachse auftauchen. Sie können anschließend das Projekt ggf. unter neuem Namen speichern und Elemente entfernen.
Weitere Hintergrundinfos, Tipps und Tricks finden sich in meinen Tricks-Büchern (z.B. Magnum Windows Vista Home Premium Tricks).

Eine vertiefte Behandlung der Thematik der DirectShow-Filtergrafen samt vielen Hand-ons, How-To's und Insides findet sich in meinem bei Markt+Technik erschienenen Titel Fotos, Filme, Musik mit Windows Vista - Das Handbuch".

Zudem gibt es zwischenzeitlich in den Windows Live Essentials den Windows Live Movie Maker, der komplett neu implementiert wurde. Ich habe das Teil im Rahmen des Buchprojekts "Magnum - Windows 7 Home Premium" getestet. Unter Windows 7 läuft die Anwendung ganz gut und sollte dort auf jeden Fall verwendet werden (Details finden sich im erwähnten Buch).

Günter Born

www.borncity.de
the source of fine computer books,
because technology counts!