Donnerstag, 21. August 2008
Dual-Boot: Linpus/Windows XP
Häufig taucht bei Besitzern des Acer Aspire One A150X (und des A110L bzw. des A150L) die Frage auf, wie sich ein Dual Boot mit Windows XP und Linpus einrichten lässt. Zwischenzeitlich habe ich (als Vorbereitung für die Netbook-Buchprojekte) die Kombinationen sowohl auf einem Netbook mit Festplatte (da ich keinen A150X habe, sinnigerweise auf einem Medion Akoya Mini 1210) als auf dem A110L am Laufen. Die Vorgehensweise ist etwas fummelig, weil Linpus bei der Installation von der Recovery die gesamte Platte abgreifen will - und Windows XP mag den MBR selbst überschreiben. Hier die Vorgehensweise für unterschiedliche Szenarien.

Warnung: Die nachfolgenden Anleitungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Sie arbeiten aber auf eigene Gefahr und eigenes Risiko. Support oder eine Haftung des Autors ist ausgeschlossen. Als Benutzer sind Sie auch dafür verantwortlich, die zur Betriebssysteminstallation erforderlichen Lizenzbedingungen zu erfüllen.

Das wird benötigt

Um möglichst stressfrei arbeiten zu können, sollten folgende Sachen vorab vorhanden sein.
  • Windows XP (Home Edition) mit Service Pack 2 oder 3.
  • Die Treiber des Acer Aspire One für Windows XP (bei Acer) auf einer CD oder auf einem USB-Stick.
  • Einen USB-Stick 512 MByte oder 1 GByte für ein Rettungs-Linux-System. Einen 8 GByte USB-Stick als Backup-Medium für Linpus Lite. Der Stick kann auch durch eine Sicherung auf einer externen Festplatte ersetzt werden. Ggf. noch einen 2 GByte-Stick für die Windows XP-Installationsdateien.
Optional können Sie ein externes DVD-Laufwerk einsetzen. Dann brauchen Sie keinen externen Stick für das Rettungssystem und die Windows XP-Dateien.

Sinnvolle Vorbereitungen

Bevor Sie mit der Installation beginnen, sollten Sie einige Vorbereitungen treffen, um nicht später einige böse Überraschungen zu erleben.
  • Live-System erstellen: Um bei Problemen (und die gibt es), das System booten und Boot-Records sowie Boot-Menüs bearbeiten und reparieren zu können, benötigen Sie ein Linux Live-System. Meine Empfehlung ist normalerweise auf Puppy Linux zu setzen (war ein super Tipp von Franz - und ich setze Puppy hier auf verschiedenen Netbooks zur Konfigurierung ein). Allerdings gibt es auf dem Acer Aspire One wohl Probleme beim Booten (ich habe die Tests die dieser Beschreibung zugrunde liegen, auf einer abweichenden Netbook-Hardware durchgeführt). Nach dem Ausfall des AAO Testsystems durch den BIOS-Bug erhielt ich ein neues AAO A110L mit BIOS v.3314, bei dem Puppy Linux 4.0 nicht mehr bootet. Die aktuelle Puppy Linux 4.1 ist aber auch auf dem Acer Aspire One bootfähig - es gibt aber Probleme, diese auf bootfähige USB-Sticks zu installieren.

    Falls Sie Probleme mit Puppy haben: Die Alternative wäre FluxFlux, Xubuntu oder Damn Small Linux - letzteres setze ich i.d.R. ein, wenn es auf die Konsole ankommt (allerdings hat DSL kein gparted). Sie können das Linux Live-System auf eine bootbare CD brennen oder auf einen bootbaren USB-Stick bringen. In meinem Blog-Beitrag Datensicherung für Netbooks skizziere ich die Lösung, einen bootfähigen USB-Stick mit mit Puppy Dingo Plus zu erstellen (Abschnitt "Swiss Army Knife"). Ähnliches lässt sich mit DSL und FluxFlux bewerkstelligen, wobei ich Damn Small Linux (DSL) momantan auf einem Uralt 256 MByte Stick fahre.
  • Systemsicherung: Führen Sie eine Sicherung des auf dem Aspire One befindlichen Betriebssystems durch. Die Möglichkeiten zur Systemsicherung sind ebenfalls in meinem Blog-Beitrag Datensicherung für Netbooks skizziert.
  • Linpus-Variante auf USB-Stick kopieren (optional): Sie können zusätzlich beim Acer Aspire One A110L den Inhalt der SSD 1:1 auf einen 8 GByte USB-Stick kopieren (ich habe dazu gparted von der Live-CD verwendet, alternativ lässt sich in der Konsole der dd-Befehl verwenden). Mit einem entsprechenden USB-Stick können Sie den Rechner booten und den grub-Boot-Record reparieren. Die Vorgehensweise ist wie bei der Systemsicherung - einfach die linpus- und swap-Partitionen mit gparted oder dd auf den Stick übertragen.
  • Windows XP-Install-USB-Stick erstellen (optional): Falls Sie über kein externes USB-DVD-Laufwerk verfügen, müssen Sie die Installations-CD von Windows XP auf einen bootfähigen USB-Stick (ca. 1 MB) bringen. Wie dies geht, ist z. B. hier) beschrieben.
Mit diesen Vorbereitungen steht der Installation von Linpus Lite auf dem Windows XP-System oder von Windows XP auf dem Linpus Lite-System nichts mehr entgegen. Was Sie nun noch brauchen, ist etwas Zeit, Grundkenntnisse in der Installation eines Windows- oder Linux-Betriebssystem und die folgenden Anleitungen.

Windows XP - Linpus Lite auf dem A150X

Auf dem Acer Aspire One A150X ist Windows XP bereits vorinstalliert. Sie müssen nun Linpus Lite auf die Festplatte bringen. Da der Installer aber die gesamte Festplatte überschreibt und damit Windows XP löscht, sind einige Tricks angesagt. Hier meine Vorgehensweise für die Festplattenversion des Acer Aspire One (getestet auf einem Medion Akoya Mini 1210).
  • Ich habe daher die Recovery DVD gebootet und das Linpus Lite auf einen USB-Stick installieren lassen. Die Installation ist menügeführt und kann eigentlich nicht schief gehen - wichtig ist, dass als Installationsmedium der Stick (/dev/sdb oder ähnlich) gewählt wird. Diese USB-Variante bootet aber nicht vom Stick.
  • Dann habe ich die Windows XP-Partition auf der Festplatte mit Partition Magic verkleinert, um ca. 10 GByte freien Platz für eine neue Partition zu erhalten
  • Anschließend habe ich das System mit einer Linux Live-Distribution gebootet und dann das Programm gparted gestartet.
  • In gpartet lassen sich die beiden Partitionen vom USB-Stick mit der "Copy"-Schaltfläche in die Zwischenablage transferieren und dann auf der freie Partition der Festplatte wieder einfügen. Unter dem Strich werden damit die beiden Partitionen vom Stick auf die Festplatte kopiert. Das geht übrigens extrem flott (fixer, als wenn ich den dd-Befehl auf der Konsole einsetze).
Nun bleibt noch das Einrichten des Dual-Boot. Hierbei gibt es mehrere Ansätze:

Lösung 1: Um meine Windows XP-Installation nicht zu beschädigen, boote ich vom USB-Stick (mit dem installierten aber nicht boot-fähigen Linpus). Das sollte out-of-the-box funktionieren. Ich habe allerdings die Datei /boot/grub/grub.conf des USB-Sticks der in der gebooteten Linux-Live-Variante in einem Editor geöffnet und den Parameter splash=silent in splash=verbose geändert. Dies ermöglicht mir, Boot-Meldungen beim Starten zu sehen (ist aber für den Startvorgang von Linpus nicht erforderlich). Die Konfigurationsdatei ist so clever aufgebaut, dass die Boot-Konfiguration vom USB-Stick grub das Linpus auf der Festplatte (hd0) findet, auch wenn diese auf einer separaten Partition liegt (sie muss nur mit linpus bezeichnet sein, was aber beim Kopieren automatisch erfolgt).

Lösung 2: Alternativ ließe sich grub sicherlich auch so installieren, dass der Master-Boot-Record überschrieben wird. Dann kann Windows XP über einen grub.conf-Eintrag gebootet werden (mag ich aber auf meinem Acer-AAO-Testsystem mit SSD nicht probieren und der Medion Akoya ist mir momentan auch etwas zu schade für solche Experimente).

Problem bei dem obigen Ansatz: Das Linpus Lite des Acer Aspire One zeigt standardmäßig kein Boot-Menü an, egal was Sie in der /boot/grub/grub.conf eintragen. Nur wenn die Tab-Taste gedrückt wird, erscheint das Boot-Menü. Hinweise, wie ein Boot-Menü auf dem AAO automatisch angezeigt werden kann, finden sich hier.


Tipp: Mit WuBi steht eine schöne Lösung für Windows-Anwender bereit, um ein Ubuntu 8.04.1 direkt auf der Windows-Partition zu installieren. Sie können den Wubi-Installer unter Windows XP herunterladen und ausführen. Der Installer wird dann unter Windows getartet und meldet sich mit einem Assistenten, der die Optionen abfragt. Dann zieht sich der Installer eine ISO von Ubuntu 8.0.4.1 und richtet diese auf dem Recher ein. Das erfordert sinnvollerweise einen Breitband-DSL-Anschluss. Die Installation dauert über eine Stunde. Das geniale: Nach der Installation findet sich ein Ordner ubuntu auf der Windows XP-Partition, der alle Ubuntu-Dateien enthält. Weiterhin wird ein Eintrag im Windows XP-Boot-Menü vorgenommen, so dass Sie wahlweise Windows XP oder Linux booten können. Befindet sich Linpus Lite bereits auf der Festplatte, ist aber noch nicht eingebunden? Wenn WuBi installiert wird, bindet dieses das Linpus (und andere auf der Festplatte gefundene Linux-Distributionen) automatisch in das Boot-Menü für Linux ein.

Windows XP - Linpus Lite auf dem A110L / A150L

Auf dem Acer Aspire One A110 bzw. A150L ist Linpus Lite bereits vorinstalliert. Sie müssen dort Windows XP auf die Festplatte bringen und anschließend das System reparieren. Hier meine Vorgehensweise, getestet auf einem Acer Aspire One A110L.
  • Booten Sie die Acer Recovery DVD (oder den Recovery USB-Stick) und lassen Sie das Linpus Lite auf einen zweiten 8 GB USB-Stick installieren. Die Installation ist menügeführt und kann eigentlich nicht schief gehen - wichtig ist, dass als Installationsmedium der Stick (/dev/sdb oder ähnlich) gewählt wird. Diese USB-Variante bootet zwar, läuft aber nicht alleine vom USB-Stick, sondern braucht die Installation auf der SSD/Festplatte. Alternativ können Sie den Inhalt der SSD beim A110L mit gparted eines gebooteten Linux Live-Systems 1:1 auf den USB-Stick kopieren.
  • Wichtig: Unbedingt testen, ob sich der Acer Aspire One mit diesem Stick booten lässt (beim Einschalten mehrfach die Funktionstaste F12 drücken, um in das BIOS-Boot-Menü zu gelangen und den USB-Stick auswählen zu können). Dann sollte Linpus Lite starten und Sie können das System wieder herunterfahren.
  • Anschließend ist das System mit der Live-Linux-Variante zu booten. Starten Sie anschließend über das Startmenü (obere System-Zweige) das Programm gparted und wählen Sie die SSD-Festplatte (sda) aus. Anschließend verkleinern Sie die ext2-Linux-Partition (linpus) um ca. 2,3 GByte. Das klappt verlustfrei mit geparted und es ist dann noch genügend freie Platz für eine Linpus Lite.
  • Fahren Sie das System herunter und testen Sie, ob Linpus Linux noch bootet. Falls ja, beenden Sie das System.
  • Legen Sie das Windows XP-Installationmedium (CD, Stick) ein und lassen Sie das Netbook erneut booten. Drücken Sie die Funktionstaste F2, um ins BIOS-Setup zu gelangen. Schalten Sie dort die Option d2d (steht für Disk-to-Disk-Recovery) ab. Wen der Rechner erneut bootet, drücken Sie diesmal die F12-Taste, um in das Boot-Menü zu gelangen. Wählen Sie dort das Laufwerk mit dem Installations-Datenträger (Stick oder DVD-Laufwerk) und lassen Sie den Rechner über dieses Laufwerk booten. Drücken Sie auf Anforderung des Windows Setup-Programms einen Taste, um Windows PE zu booten.
  • Durchlaufen Sie nun alle Windows XP-Installationsschritte. Die Installation lassen sich auf die freie 2 GByte-Partition vornehmen, die Sie mit FAT32 formatieren lassen. NTFS ist auf dem AAO langsam.
Nach diesen Vorbereitungen werden Sie durch die Installationsschritte geführt. Sobald das System im Anschluss mit Windows XP sauber bootet, schalten Sie die Systemwiederherstellung, die Auslagerungsdatei, den Browsercache und auch die Ruhezustanddatei ab. Dies spart einerseits Speicherplatz auf der SSD und verhindert ständige Schreibvorgänge, die die Lebensdauer verringern. Zudem würde ich ggf. das automatisch Update abschalten, um ständiges Nachladen von Updates (speziell bei GPRS- und UMTS-Betrieb zu verhindern). Anschließend sollten Sie die speziellen Treiber des Acer Aspire One installieren, damit Kartenleser, Webcam etc. funktionieren.

Nun bleibt noch das Einrichten des Dual-Boot. Leider wird Linpus Lite nicht mehr starten, das der MBR überschrieben wurde.
  • Starten Sie daher als erstes das Linux-Live Betriebssystem und setzen mit gparted das Boot-Flag von der FAT32-Partition (Windows XP) auf die erste ext2-Partition von Linpus Lite zurück.
  • Lassen Sie den Rechner neu vom nun eingesteckten USB-Stick, auf dem die Sicherungskopie von Linpus Lite enthalten ist, booten. Wenn alles klappt, gelangen Sie in den Linpus Desktop.
  • Drücken Sie die Tastenkombination Strg+F2 und rufen Sie das Terminalfenster mit xterm auf. Anschließend führen Sie die Modifikationen am Master-Boot-Record sowie an der Grub-Menüdatei gemäß den folgenden Ausführungen aus.
Sobald das Terminalfenster geöffnet wurde, geben Sie folgende Befehle ein.
sudo bash
cd /mnt
mkdir test
mount /dev/sda1 test
cd test
/sbin/grub
Nun etwas warten, bis grub sich mit "grub>" meldet. Dann die folgenden Befehle (ohne das "grub>" eingeben). Die in Klammern angegebenen Texte sind Meldungen von Grub.
grub>root (hd0,0)
(sollte "Filesystem is etxtfs ..." melden)

grub>find /boot/grub/stage1
(sollte folgendes melden:
(hd0,0)  - ist die SSD
(hd1,0)  - ist der USB-Stick
wenn alles richtig ist).
Jetzt folgenden Befehl eingeben:
grub>setup(hd0)
grub>quit
Sobald Grub die erfolgreiche Installation meldet und über quit beendet wurde, rufen Sie den Dateimanager thunar über den Befehl thunar auf. Danach navigieren Sie über den Dateimanager zum Verzeichnis /boot/grub/grub.conf der Festplatte sda1. Per Kontextmenü lässt sich die Datei im Editor Mousepad öffnen. Sie können eine Sicherungskopie im Editor unter grub.conf.bak anfertigen und dann die Einträge modifizieren. Hier ist der Inhalt meiner grub.config:
# modifiziert für Dual-Boot Linpus/Win XP (G. Born)
default=0
timeout=10
splashimage=(hd0,0)/boot/grub/splash.xpm.gz
#hiddenmenu

title Linpus Linux RCD
	rootnoverify (hd0,0)
	kernel /boot/bzImage ro root=LABEL=linpus vga=0x311 splash=silent loglevel=1 console=tty1 quiet nolapic_timer
  	initrd /boot/initrd-splash.img

title Windows XP
	rootnoverify (hd0,1)
	makeactive
	chainloader +1
Wenn Sie anschließend die Änderungen speichern, Linpus Lite herunterfahren, die USB-Sticks entfernen und das System neu starten, sollte sich Linpus Lite booten. Drücken Sie direkt beim Starten (ggf. mehrfach) die Tab-Taste, gelangen Sie ins grub-boot-Menü, wo Sie zwischen Linpus und Windows XP auswählen können.

Wie das grub-Boot-Menü automatisch beim Start angezeigt werden kann, ist hier skizziert.

Wichtige Nachträge

Es gibt einen Hinweis, dass das Original-Label der Linpus Lite Partition auf der SSD in "Old" umbenannt wird. Dann müsste ggf. nochmals Linpus Lite über die Recovery-DVD/den Recovery Stick nachinstalliert werden (oder probieren, ob sich der Partitionsname ändern lässt - geht in der Konsole mit tune2fs -L linpus /dev/sda1).

Zudem empfehle ich jedem Leser vor Experimenten sich meinen Blog-Beitrag BIOS-Bug: Acer Aspire One ist tot durchzulesen. Der deep-hibernation-Mode samt dem skizzierten Problem könnte bei der Installation auftreten.

(c) 2008 by Günter Born

Infos zum Eee PC finden Sie in meinen Eee PC-Handbuch. Literatur und weitere Tricks zu Windows XP. Literatur zu Netbooks? Findet sich demnächst hier.

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